Bürgerfest für alle zum 50. Geburtstag der BV 3

(v.l.n.r).: Marko Siegesmund (1. Stellv. Bezirksbürgermeister) Gerti Kobarg (neue Trägerin), Werner Schmitt, Ute Groth (neue Trägerin), Dietmar Wolf (Bezirksbürgermeister), Reimund Klingner, Erich Pliszka, Gisela Möhle, Sylvia Laflör (1. Stellv. Bezirksbürgermeisterin) und Dr. Stephan Keller (Oberbürgermeister)

Grußwort beim Jahresempfang der Bezirksvertretung 3 am 24. Mai 2025 anlässlich

50 Jahre Bezirksvertretung 3

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Keller,

sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister Wolf,

sehr geehrte Anwesende!

Vielen Dank für die Einladung und für die Möglichkeit eines Grußwortes.

Anscheinend bin ich heute bei dieser Veranstaltung das einzige lebende Fossil aus den Anfängen der Bezirksvertretung 3, über deren erste 15 Jahre ich gerne berichte.

Wie waren die Anfänge?

Aus meiner Sicht herrschte allgemein eine große Unsicherheit in Bezug auf die Bezirksvertretungen. Da war zum einen das Hin und Her bezüglich der Ein- und dann wieder Ausgemeindung von Monheim und Meerbusch.

Es bestanden große Unsicherheiten hinsichtlich der Verfahren und  Rechte der neuen Gremien. Und die Abläufe waren total neu und ungeübt.

1975 bekannten sich Düsseldorfs Verwaltungs-, Rats- und Fraktionsspitzen selbstverständlich öf­fentlich sofort zu den vom Landtag verordneten neuen demokratischen Gremien. Tatsächlich aber waren diese die ungeliebten Kinder. Der „Vater“ Landtag hatte sie gezeugt. Die „Mutter“ Stadt hatte sie ausgetragen und sie bestimmte die Startbedingungen und Rechte. Die meisten Rats­mitglieder fürchteten um eigene Rechte. So wurde durch Satzung das „Schlimmste verhindert“. Vor allem gabs keine eige­nen Haus­haltsmittel. Von politischer „Spielwiese“ war die Rede. Das schränkte Selbstbe­wusstsein und Möglichkeit­en der Bezirksvertretungen zu­nächst sehr ein.

Kurze Zeit nach der Konstitution der Bezirksvertretungen mussten die Bürger*innen neu wählen, diesmal direkt. Die ersten BVen wurden nämlich gebildet auf der Grundlage der Ergebnisse der Wahlen zum Rat in dem betreffenden Bezirk. Das wurde durch das Verfassungsgericht beanstandet wegen fehlender politischer Legimitation. Der erste Bezirksvorsteher war von der CDU (Wilfried Tussing). Der zweite von der SPD (Ratsherr Otto Lenz).

Irgendwann stellte der Landes-Innenminister klar, dass die BVen allzuständig für alle bezirklichen Belange seien. Und so erfolgte der Wendepunkt im Sinne der Düsseldorfer Bezirksvertretungen m.E. in den 1980er Jahren, als die Bezirksvertretungen für bezirklich bedeutsa­me Baugenehmigungen zuständig wurden (im Stadtbezirk 3 z.B. das Stadttor oder die Gehry-Bauten). Bauanträge mussten in öffent­licher Sitzung behandelt werden – bis dato ein schier unvorstellbarer Vorgang. Baudezernenten befürchteten die pure Anarchie.

Die Leiter der Bezirksverwaltungsstellen standen mitten in dem Konflikt mit der Verwaltungsspitze: Einerseits erwartete die Bezirksvertretung von „ihrer“ Verwaltungsstelle Beratung, Unterstützung und Hilfe. Die Verwaltungsspitze „verdonnerte“ sie andererseits regelmäßig zu absoluter Loyalität gegenüber der Verwaltung. Wir wurden regelmäßig der Kollaboration verdächtigt.

Besonderheiten des Stadtbezirks 3

Der Stadtbezirk 3 hatte in mehrfacher Hinsicht ein Alleinstellungsmerkmal:

– 1975 war er mit 124.000 Einwohner*innen der bei weitem bevölkerungsreichste Bezirk. Der „kleinste“ hatte weniger als 30.000 Ew.

– Im Bezirk lagen Hafen, Regierungsbauten, Landtag und die Universität

– Höchster Ausländeranteil von allen 10 Bezirken

– 1. Öffentliches Bordell

– Ältestes Bauwerk (alte Martinskirche)

– Höchstes Gebäude (LVA)

– Später höchstes Bauwerk (Fernmeldeturm)

– Ein Drittel aller Düsseldorfer Künstler*innen wohnte und oder Arbeitete im Stadtbezirk 3.

Stichworte aus der Arbeit der ersten Jahre

Neubau Landtag- Öffentlicher Golfplatz -Freizeitpark Flehe- STEP Unterbilk

Verkehrsberuhigung Unterbilk und Oberbilk -Hausbesetzung und Entmietung -Spieloase Brunnenstrasse -Fleher Brücke / Fleher Knoten –Buga -Tieflegung Rheinuferstrasse

Jagenberg-Gelände -Trödelmarkt Ulenbergstrasse -Tanzcafe Fleher Hof -Bebauung Siemens

Stadttor -Bebauung der Stahlwerkgelände Oberbilk -Bhagwan-Sekte

Gestaltung Hauptbahnhof Ostseite -Umwandlung des Hafens

Bilk braucht ein Schwimmbad (Man sieht: Manche Projekt benötigen Jahrzehnte bis zu ihrer Realisierung)

Sonstige Aktivitäts-Bereiche

Es gibt auch nach dem Willen des Gesetzgebers einen Spielraum für Initiativen und Ideen zur Förderung der bezirklichen und örtlichen Identifikation der Einwohner*innen, zur Entwicklung von Vereinigungen und Initiativen, zur Förderung der Kultur und zur Dokumentation. Dies setzt viel Einfaltsreichtum und Engagement voraus. Die BV 3 hat in sehr intensiver Weise diesen Raum ausgefüllt, der nicht unbedingt zum Pflichten-Katalog ihrer Arbeit gehört.

Hierzu zählen unter anderem die Feste 599 Jahre Düsseldorf bei Bilk (1983), das große Hafenfest zu dessen 90jährigem Bestehen (1986), 10 Jahre Bezirksvertretung (1985) oder die Veranstaltungen im Rahmen des 700jährigen Stadtjubiläums 1988.

Förderung und Zusammenarbeit mit den örtlichen Künstlern, über 150 Kunstausstellungen, regelmäßige Malwettbewerbe einschl. Straßenmalwettbewerb, Förderung von Theateraufführungen oder Tischtennisturnieren für Senioren, Wettbewerbe zur Gestaltung des öffentlichen Straßenraums, Radrennen, sehr aktive Förderung von Initiativen.

Druckerzeugnisse im Zusammenhang mit dem Dritten Reich

Besonders hervorzuheben aus allen Aktivitäten der Bezirksvertretung 3 ist meines Erachtens – insbesondere im Hinblick auf das aktuelle politische Geschehen und die gesellschaftliche Entwicklung – die Herausgabe von Druckerzeugnissen zum Dritten Reich

a)        Zeitzeugenberichte (der 1. seiner Art in Düsseldorf)              1978 -1983

            Dies erfolgte nach der dreiteiligen RAI – Serie „Holocaust“ und der

         Dokumentation der Bilker Heimatfreunde zur Hinrichtung von Leo Staats

b)        Einzelschicksal des Juden Moritz Sommer                              1986              

c)         Außenlager des KZ Sachsenhausen in Stoffeln                    1988

Das wichtigste Stadtentwicklungsprojekt aus meiner Sicht

war die Verhinderung der Erweiterungspläne des Landtags am Standort Ständehaus, die vom damaligen Landtagspräsident Lenz (einem Kölner) präferiert wurden. Diese Pläne hat die Bezirksvertretung 3 verhindert, obwohl der Landtagspräsident schon mit der Verlegung der Landeshauptstadt nach Köln gedroht hatte, weil er nicht „in den Hafen“ wollte. Diese Verhinderung hat nach meiner Ansicht einen der wichtigsten Entwicklungsschübe für den Stadtbezirk 3, aber auch für die Gesamtstadt zur positiven Folge gehabt.

Zusammenarbeit Bezirksvertretung – Bezirksverwaltungsstelle

Die Zusammenarbeit war aus meiner Sicht sehr vertrauensvoll und angenehm. Die Tagesordnung umfasste jeweils bis zu 3 Seiten. Dementsprechend dauerten die Sitzungen schon mal bis nach Mitternacht zuzüglich Vertagung. Nach kürzeren Sitzungen traf man sich interfraktionell in der Gaststätte St. Suitbertus, die im Teilnehmerkreis (warum, weiß ich nicht) „Katholischer Bahnhof“ hieß.

Insbesondere aufgrund dieser interfraktionellen Arbeit ergaben sich als eine der Besonderheiten im Bereich der Bezirksvertretung 3 die sogenannten 00-Drucksachen

Nicht ganz ernst gemeinte Anfragen oder sonstige Vorlagen wurden schon mal in normale Tagesordnungen integriert und behandelt oder am Ende der Tagesordnung behandelt. Der Ernst, der üblicherweise in den Sitzungen politischer Gremien herrscht, wurde hierdurch gelegentlich erheblich aufgelockert, was zur Entspannung beitrug. So etwas ist jedoch nur möglich, wenn eine gute persönliche Basis zwischen allen Beteiligten vorhanden ist und die Politiker/innen sich nicht immer mit Bierernst an ihre Geschäfte machen. Sie können mir glauben, dass mir das immer großen Spaß gemacht. Allerdings hatte ich schon die Befürchtung, von meinem Vorgesetzten dieserhalb mal zur Ordnung gerufen zu werden. Dies ist aber nie geschehen.

Klaus Bartnik

Bürgermeister a. D

Leiter der Bezirksverwaltungsstelle 3

1975 – 1990